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Kreuz & Queer

Homosexuell leben und die Bibel – wie passt denn das zusammen? Tatsächlich ist die Geschichte homosexueller Christ*innen mit der Bibel nicht selten eine schwierige. Wie eine problematische Beziehung, in der man sich zerstritten und auseinander gelebt oder auf Distanz arrangiert hat. Und wo man trotzdem nicht voneinander loskommt, da alles doch einmal als Liebe eines Lebens begann. Wo man vielleicht im Stillen immer noch sehnsüchtig auf die grosse Ver­söhnung hofft. Und wo ein wahres „Frühlingserwachen“ einsetzt, wenn die Brücke wieder geschlagen wird.


Homosexuelle haben die Bibel oft als Waffe auf sich gerichtet erlebt und ha­ben Verletzungen empfangen durch Bibel­worte, mit denen ihnen die Tür ge­wiesen wurde. Das ist nicht die Schuld der Bibel. Sie befiehlt nicht, als Waf­fe ge­braucht zu werden. Sie ist uns zum Leben und zum Heil gegeben, nicht zum Ausgrenzen und Verletzen. Und doch geschieht genau dies immer wie­der – im Namen der Liebe und Treue zu Gottes Wort.


Wie gehen wir nun aber mit den Bibelstellen um, welche herangezogen werden, um Homosexualität zu verurteilen? Die Bibel ist für uns Grundlage des Glaubens und wir können nicht einfach einzelne Stellen ausklammern. Bibel und Gottes Wort sind in der kirchlichen Tradition immer als stark aufeinander bezo­gen, wenn nicht als identisch betrachtet worden. Das ist eine grosse Herausforderung, weil die Bibel, wörtlich genommen, viel Unverdauliches enthält. Man kann den Bibeltext nicht unmittelbar auf die heu­tige Situation beziehen. Nicht nur in der Frage der sexuellen Orientierung würde das in unmögliche Situa­tionen führen. Es wäre Flucht vor der eigenen Verantwortung. Der Bibeltext ist ein Anfang und man muss weitersuchen. Nur so kommt man Gottes Wort und Geist auf die Spur. Wir nehmen die Bibel also ernst, aber nicht wörtlich. Wir legen sie aus mit Liebe und Respekt zu Gott und den Menschen, wie es Jesus auch getan hat.

Wir alle kennen den Satz: Die Bibel legt sich selbst aus. Aber letztlich sind es fast immer Ausleger, die das biblische Wort an uns herantragen. Jesus be­scheinigte den Schriftgelehrten seiner Zeit, die Schriften tat­sächlich mit Ei­fer zu studieren. Aber ob jemand dann auch das Leben in den Schriften fin­det und vermittelt, hängt davon ab, ob er Christus darin erkennt (Johan­nes 5,39). Das bedeutet, dass es auch Schriftaus­legung gibt, die an Christus vor­beigeht. Es gibt zu viel Auslegung, die den Buchstaben statt das Wort, das Stichwort statt den Zusam­menhang, das Gesetz statt die Liebe sucht. Unter einer solchen Auslegung wird die Bibel nicht lebendig und kraftvoll für den Hörer, sondern in die Enge treibend und zu Boden drückend. Man muss sich die Frage stellen: Kann man die Bibel unbarmherzig auslegen, während Gott selbst barmherzig ist?


Beispiele, wo biblische Weisungen nicht mehr wörtlich genommen werden, sind die Rolle der Frau in der christlichen Gemeinde, die Methoden der Kindererziehung oder das Halten von Sklaven. Heute würde auch niemand mehr auf die Idee kom­men, Apartheid biblisch zu begründen. Genauso wie Schwarze, Frauen und Sklaven lange Zeit gehofft hat­ten, dass man die Bibel eines Tages anders verstehen würde, so hoffen auch wir Homosexuellen auf ein längst fälliges Umdenken.


Folgendes bleibt festzuhalten: Unter Berücksichtigung des kulturellen Hintergrunds ist es durchaus mög­lich, dass sich die Kritik der Bibel nur gegen die promiskuitiven homosexuellen Verhaltensweisen ihrer Zeit, in aller Regel ausgeübt von ansonsten heterosexuell lebenden Individuen, richtet. Eine in beidseiti­ger Liebe gelebte Partnerschaft homosexuell veranlagter Menschen scheint hierbei aber unberücksichtigt zu bleiben. Diese Situation relativiert die grundsätzliche Verurteilung jeglicher homosexuellen Lebens­form als unzwei­felhafte Sünde, wie es in konservativ-christlichen Gemeinden verbreitet ist.

Ausführliche Dokumentationen

  • Bibelarbeiten von „Zwischenraum“

    Die in der Schweiz und in Deutschland ansässige Organisation „Zwischenraum“ hat sich intensiv mit den Bibelstellen befasst, welche gewöhnlich für die Verurteilung der Homosexualität herangezogen werden. Beachte hierfür diese Dokumentationen.

  • Buch „Streitfall Liebe“

    Die differenzierte Betrachtung der Bibelstellen zu Homosexualität zeigt befreiende Wege für Homosexu­elle, sich und ihr Leben im Glauben anzunehmen. Homosexuelle Christen und ihre Kritiker finden in die­sem Buch Argumente für einen fairen und liebevollen Umgang miteinander. Weitere Infos zum Buch sind unter www.streitfall-liebe.de zu finden.

  • Heft „Schriftenreihe Impulse“

    Diese von uns Zürchern zusammengestellte Schriftenreihe wird nicht mehr betreut und ist somit teilweise veraltet. Dennoch vermittelt sie auch heute noch wertvolle Impulse und ist ein Zeitzeuge einer Epoche, in welcher die homosexuelle Christenbewegung in den Anfängen steckte.

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